Geschichte des Gudensberger Schützenvereins 1627 E.V.
In dem Vereinslokal der Gudensberger Schützen hängt eine alte, ehrwürdige Fahne. Die schwere grüne Seide ist verblasst. Zerfetzt trauert ihre einstige Schönheit längst vergangenen Zeiten nach., in denen sie hell schimmernd und lustig im Wind flatternd den ausziehenden Schützen voran zog oder vielleicht auch im feindlichen Kugelregen wacker standhielt und die Bürger-Schützen, die ihre Vaterstadt auf Mauer und Tor verteidigten, zu mutiger Tat und entschlossenem, tapfer Ausharren anfeuerte. Wenn sie erzählen könnte……..
Das Pulverdampf geschwärzte, sturmerprobte Banner wird nun sorgsam vor weiterem Verfall behütet. Und mit Recht! Stellt doch diese Fahne das älteste Gedenkblatt dar, welches wir Gudensberger Schützen im Hinblick auf unsere Vorgeschichte überhaupt besitzen. Die Jahreszahl war 1627 aus der Inschrift noch zu erkennen, aber der Zahn der Zeit hat inzwischen auch diese Stelle des Fahnentuches zerstört. Die Mitte der Fahne bildet eine Schützenscheibe, die von zwei Hessischen, aufrecht stehenden Löwen gehalten wird. Besonders schön in Seide gewirkt ist die Mähne der beiden Wappentiere. Ebenso das unter der Scheibe angebrachte farbige Gudensberger Stadtwappen, zwei Türme mit Mauer und einem goldenem Kreuz auf dem Tor. Außer Zweigen und sonstigem Zierrad befindet sich oberhalb der Scheibe eine Krone und darunter die ineinander verschlungenen Buchstaben W.L.Z.H, dass bedeutet, Wilhelm Landgraf zu Hessen. Da Wilhelm V., der Beständige, 1627 den Thron bestieg, dürfen wir mit Recht annehmen, dass er die Fahne gestiftet hat. Unser Interesse fesseln außerdem noch einige Buchstaben, die an dem Sockel, auf welchem der eine Löwe steht, aufgestickt sind. Sie lauten: J.C.D.B. – Die Bedeutung dieser Zeichen ist sehr wahrscheinlich: „Jesus Christo Duce“, unter der Führung Jesu Christi stehend. Geht dieses älteste Dokument auf das Jahr 1627 zurück und ist hierdurch verbrieft, dass das Schützenwesen damals in Gudensberg bereits bestanden hat – so hindert uns anderseits nichts, anzunehmen, dass schon wesentlich früher eine Schützengemeinschaft in unserer Stadt existierte, deren Bestehen wir wohl heute wohl vermuten, aber nicht mit gleicher Sicherheit beweisen können. Mit diesen Worten begann die Chronik der Festschrift zur 300 Jahrfeier. Die alte ehrwürdige Fahne, deren kaum noch erkennbaren Überreste nun unter Glas verwahrt werden, wird so hoffentlich noch ein paar Jahrzehnte überdauern. Das silberne Königsschild, dass auch heute noch jeder Gudensberger Schützenkönig für ein Jahr als Zeichen seiner errungenen Würde bei Festlichkeiten trägt, stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der gleichen Zeit. Das Datum der Stiftung oder Anschaffung ist leider aus den Inschriften nicht ersichtlich. Da es aber dem Schilde der Kasseler Schützen sehr ähnlich ist, scheint die Annahme berechtigt, dass das es gegen Ende des 16. oder zu Anfang des 17. Jahrhunderts angefertigt wurde. Das Königsschild hat ein Gewicht von 76 Lot Silber. Die Vorderseite unseres Königsschildes zeigt in getriebener Arbeit die beiden hessischen Löwen mit der Schützenscheibe und darüber finden wir die Buchstaben: W.L.Z.H., also Wilhelm Landgraf zu Hessen, eingraviert. Unter diesem Zeichen steht die Jahreszahl 1639, sie ist zugleich älter als die vielen auf der Rückseite des Schildes eingravierten Jahreszahlen. die Entstehung des Schildes wird also innerhalb der zehnjährigen Regierungszeit (1627 – 1637) von Wilhelm V. zu suchen sein. Das Recht Waffen zu besitzen und zu tragen, war eines der vornehmsten Rechte des freien Bürgers im Mittelalter. Allerdings durften unsere Schützenbrüder damals ihre Waffen nicht wie wir heute nur zum reinen sportlichen Wettkampf benutzen, sondern sie hatten die Pflicht, Mauern und Tore ihrer Stadt bei feindlichen Angriffen zu schützen. Um eben dieser Pflicht genügen zu können, durften die Bürger auch in Friedenszeiten ihre Fertigkeit mit der Waffe üben. Die ältesten Nachrichten darüber, dass in Niederhessen Bürger in geschlossenen Verbänden regelmäßige Waffen Übungen abhielten, besitzen wir aus dem Jahre 1346. Die hessischen Landgrafen förderten die Übungen auf alle erdenkliche Weise. Oft erschienen sie persönlich zu den Veranstaltungen und huldigten auch selbst eifrig dem Schießsport. Die Schützen der ältesten Zeit schossen mit der Armbrust, denn das Pulver war ja noch unbekannt. Als Geschosse dienten ihnen Pfeile, Bolzen oder kleine Metallkugeln. Die hessischen Schützengilden waren in damaliger Zeit einer ständigen Wechselwirkung unterworfen, die durch die raschen Politischen Veränderungen entstanden. So hört man zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges nur wenig über ihre Tätigkeit. Etwa 1680 – 1730 nimmt die Schützenbewegung in einer gestraffteren militärischen Form wieder zu, verliert jedoch bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 erneut an Bedeutung. Nach diesen Kriegswirren kommt auch in die Gudensberger Schützenkompanie wieder ein frischer Zug. Übungs und Preisschießen werden wieder regelmäßig abgehalten. Volksbelustigungen mit heftigen Trinkgelagen schließen sich an. An einer neuerlichen Einschränkung tragen daher die Schützengilden selbst Schuld, denn die Rohheiten und Schlägereien bei den Schützenfesten nahmen ständig zu. Als am dritten Ostertag 1773 von der Gudensberger Schützenkompanie besonders grobe Ausschreitungen verübt werden und darüber ein Bericht an das Kriegskollegium nach Kassel gelangt, wird von der Fürstlichen Regierung unter Landgraf Friedrich II. am 21. März 1773 folgender Beschluss gefasst: Zweytens hat die Regierung durch ein Ausschreiben bekannt zu machen / dass das Scheibenschießen in den Städten / ausgenommen in der Stadt Kassel / wo 2 Freyschießen auf Pfingsten und Serenissimi Geburtstag / und das Schießen zu Exerzieren / jedoch nur alle 4 Wochen / erlaubt bleibt / durchaus abgeschafft seyen / das darbey herstattete Prämien aber von beyden Cassen künftig zum Wayßen- und Findel-Hauß fließen soll. So werden unsere braven Gudensberger Schützen der Anlass zu einer Einschränkung der hessischen Schützengemeinschaften, die fast einer völligen Aufhebung gleichkam. Offenbar hatten unsere hiesigen Schützenbrüder schon damals an starkem Durst zu leiden! Erst 1789 beim Ausbruch der französischen Revolution, erinnert sich der Landgraf Wilhelm IX. (ab 1803 Kurfürst Wilhelm I.) an seine treuen Schützen, als nämlich die Franzosen Trier, Mainz und Frankfurt besetzten. Überall in den Landstädten wurden wieder Schützenkompanien aufgestellt und sie erhielten ausdrücklich ihre früheren Freiheiten wieder zuerkannt. Die gewählten Offiziere bekamen landesherrliche Patente. Zum Ansporn erhielt der beste Schütze am Fürstengeburtstag außer dem Hauptpreis die Vergünstigung, dass er auf ein Jahr frei von allen Steuern und Abgaben blieb. 1823 fand die Schützenbewegung in der bislang gültigen Form ihr vorläufiges Ende. An ihre Stelle trat 1830 die Bürgergarde, diese wurde von der Regierung organisiert. Ausrüstungsgegenstände sind heute noch Kasseler Landesmuseum zu besichtigen. Am 7. September 1850 wurde in Hessen der Kriegszustand erklärt und die Bürgergarden dem Oberbefehlshaber unterstellt. Nach dem Einrücken der Bundes-Exekutionstruppen, der sogenannten „Strafbayern“, wurden die Bürgergarden überall entwaffnet und am 19. Dezember 1854 seitens der Regierung endgültig aufgelöst. Erst am 11. Juli 1861 fand in Gotha ein „Allgemeiner Deutscher Schützentag statt, der mit einem Schlag auch in Kurhessen das Schützenwesen wieder zu neuem Leben erweckte. Die Schützentagung endete mit der Gründung des „Deutschen Schützenbundes“. Nun gab es keine Lokalen Schützen mehr, sondern erstmals nur noch deutsche Schützen. In Gudensberg wurde jedoch erst wieder im Sommer 1894 an die Gründung eines Schützenvereines gedacht. Am 19. Juni traten eine Anzahl Bürger zusammen und beschlossen nach kurzer Beratung, den Schützenverein Gudensberg neu ins Leben zu rufen. Noch am selben Abend konstituierte sich der Verein und wählte in den Vorstand: Cyriakus Koch als 1. Vorsitzenden, Friedrich Grießel als 2. Vorsitzenden, Christian Möbus als Schriftführer und Kassierer und Förster Ochse als Schützenmeister. Bereits am 14. Juni des gleichen Jahres wurde das erste Schießen abgehalten, dem sich nach fleißigem Üben am 18. Oktober das erste Preisschießen anschloss, zu dem vier Preise aus der Vereinskasse gestiftet wurden. Die Mitgliederzahl stieg nun rasch auf 40 an und hielt sie auch in den folgenden Jahren immer ungefähr auf dieser Höhe. Schon 1895 hören wir von dem notwendig gewordenen Umbau der Schießanlage und der Verein fühlt sich so stark, dass er nach kaum neunmonatigem Bestehen den Schützenverein Welheiden zum Anschießen am 21. April einlädt. Im Sommer hält er schon sein erstes Schützenfest mit Preisschießen ab, zu dem am 28. und 29. Juli die Brudervereine aus Kassel, Bebra, Welheiden und Fritzlar erscheinen. Der Schauplatz für das Schießen und die Schützenfeste lag damals unterhalb des Odenberges, nahe der Besser Landstraße auf Nöll’schem Grund und Boden. Im drauffolgenden Jahre beschließt die Generalversammlung vom 5. Mai 1896 die Anschaffung einer Fahne, bewilligt hierzu aus der Kasse 250,- Mark und beauftragt mit der Ausführung die Fahnenfabrik in Hann-Münden. Im Sommer 1896 fand die Fahnenweihe statt. Die Fahne zeigt auf der Vorderseite in der Mitte das Gudensberger Stadtwappen und die Inschrift „Schützenverein Gudensberg“, auf der Rückseite eine Schützenscheibe und die Zahlen 1627 – 1894. Das Vereinsleben bleibt auch in der Folgezeit außerordentlich rege. Übungs und Preisschießen und Schützenfeste im Sommer, Schützenbälle im Winter reihen sich in bunter Folge aneinander. Auch waren es die Gudensberger Schützen, die die Anregung zum Kurhessischen Schützenbund gaben und wacker an dem Zustande gekommen des Zusammenschlusses mitarbeiteten. 1898 wird Fritz Nöll zum 1. Vorsitzenden gewählt und der aus dem Vorstand ausscheidende C. Koch zum Ehrenmitglied ernannt. Da der seitherige Schießplatz zu klein wurde, aber keine Erweiterungsmöglichkeiten bot, schritt man 1899 zur Anlage eines neuen, mit einem Massiven Schützenhaus in der Lehmkaute, der den Vorteil bot, dass er wesentlich näher zur Stadt lag. Ein bei der Stadtsparkasse aufgenommenes Darlehn wurde später durch Ausgabe von Anteilscheinen zu je 25,- DM, die seitens der Mitglieder gezeichnet wurden und die durch jährliche Auslosung von sechs Stück getilgt werden sollten, abgetragen. Entsprechend den aufgewandten Kosten waren die neuen Schießanlagen modern und allen Anforderungen genügend eingerichtet, so dass das erste Schützenfest im Sommer 1899 mit dem 4. Kurhessischem Bundesschießen verbunden werden konnte, welches einen glänzenden Verlauf nahm. Im Jahre 1902 entsandte der Deutsche Schützenbund Christian Möbus, der sich im Gudensberger Schützenverein und im ganzen Schützenbund besonders durch seine ausgezeichneten Schießleistungen hervorgetan hatte, mit noch einigen deutschen Schützenbrüdern nach Rom zum Internationalen Wettschießen. Dort errang Deutschland den 3 Preis. Ebenfalls beteiligte sich Chr. Möbus einige Jahre später mit gutem Erfolg am internationalen Wettschießen in Wien, wie er überhaupt bei allen Wett- und Preisschießen, sowie im Verein selbst, stets der Erste war. 1903 wird der Verein in das Vereinsregister eingetragen. Aber das Interesse und der Zusammenhalt der Mitglieder ließ in der Folgezeit zu wünschen übrig, was aus der öfters vorkommenden Beschlussfähigkeit der Hauptversammlungen sowie den wiederholt gestellten Anträgen zur Auflösung des Vereins hervorgeht. Glücklicherweise wurden solche Anträge die wohl der Angst, für die Schulden des Vereins aufkommen zu müssen, entsprangen, stets mit Mehrheit abgelehnt. Am 9. Juni 1902 wird zum 1 Vorsitzenden Friedrich Grießel und zum 2. Vorsitzenden Jukius Dott gewählt. Beide bemühen sich, dass Interesse der Mitglieder am Schießen und an den Angelegenheiten des Vereins zu beleben, was diese ihrerseits dadurch anerkennen, dass sie im folgendem Jahre, am 6. Mai 1903, den gesamten Vorstand wiederwählen, so das diesen wieder die Herren Grießel, Dott, Chr Möbus, Niemeyer, Gg. Möbus und Bölzer bilden. Die Generalversammlung vom 30. Januar 1904 wählte außerdem Adam Brede in den Vorstand. 1906 übernimmt Herr Niemeyer das Amt des 1. Vorsitzenden, Georg Koch das des zweiten. Im folgendem Jahr finden wir Frau Grießel wieder am Steuer des Vereinsschiffes, unterstützt von August Metz als 2. Vorsitzenden. So kam das Jahr 1914 heran, dass den verhängnisvollen Ausbruch des erste Weltkrieges brachte und damit das Vereinsleben auf lange Jahre hinaus lahm legte. Nach Ende des Krieges drohte dem Verein der totale Zusammenbruch, böse genug sah es aus. Die Stände waren verfallen, die Blenden zerbröckelt, die Schießhalle war von Rowdys verwüstet worden. Die Mitgliederzahl war stark gesunken und zu angesetzten Versammlungen erschienen gewöhnlich nur sehr Wenige. Überdies war die Kasse leer und zu den dringend notwendigen Instandsetzungsarbeiten gehörte viel Geld. Hier galt es, aufopfernde Wiederaufbauarbeit zu leisten. Und sie wurde geleistet, der Wiederaufbau des Vereins gelang. Auch diese trüben Zeiten wurden überwunden. Im Jahre 1919 entwickelte sich infolge der Anhänglichkeit einiger alter Schützen zum deutschen Schützenverein und angeregt durch die Begeisterung, die eine Anzahl neueingetretener Mitglieder mit hineinbrachten, neues Leben in unserer Schützengilde. Der langjährige Vorsitzende des Vereins, Julius Dott, erklärte 1920, eine Wiederwahl seines vorgerückten Alters wegen ablehnen zu müssen und so trat an seine Stelle Rudolf Metz. 1927 wird Peter Möbus Schützenkönig. Das Königsschießen wird Jährlich veranstaltet und meist mit einem Preisschießen verbunden, woran sich gewöhnlich ein gemütlicher Schützenabend mit Tanz anschloss. Der Schützenverein 1627 e.V. zählte 1927 insgesamt 59 aktiv schießende Mitglieder. 1928 wird Georg Burkert Vorsitzender, er übernimmt zugleich auch den Vorstand des 1924 gegründeten Kleinkaliber Schützenvereins. In seinen Händen sollte nun die Führung des Vereins für viele Jahrzehnte verbleiben. 1931 gelang ihm eine Fusionierung beider Schützenvereine und man konnte demzufolge eine für damalige Zeiten beachtliche Mitgliederzahl vorweisen. Doch wie so oft in den vergangenen Jahrhunderten, wurde diese friedlich Epoche wenige Jahre später erneut durch Krieg und Zerstörung beendet. Der zweite Weltkrieg brach und brachte über Deutschland ein nie gekanntes Ausmaß an Schrecken und Verwüstung. War schon nach dem ersten Weltkrieg die Existenz des Vereins in Frage gestellt, so traf dies nach Ende des Zweiten noch in weitaus verstärktem Maße zu. Da die Tätigkeit der Schützenvereine überall im Land den nationalsozialistischen Bestrebungen durchaus gelegen waren, ja sogar gefördert wurden, zerstreuten sich die Sportschützen nicht wie im ersten Weltkrieg in alle Winde, sondern unsere Mitgliederliste weist auch im Jahr 1944, also kurz vor Kriegsende, noch 45 Mitglieder aus. Als in den ersten Tagen des April 1945 die Amerikaner Gudensberg besetzten, mussten alle Waffen abgegeben werden. Die schönen alten Schützen-Büchsen wurden vernichtet. Von diesem Tag ab ruhte vorerst die Tätigkeit des Gudensberger Schützenvereins. Die Schießanlagen waren zerstört worden und das Gelände in einen Sportplatz umfunktioniert. Wie wir heute wissen, haben sich die Gudensberger Schützen auch von diesen Ereignissen nicht entmutigen lassen, sondern der alte Vorstand beschließt Anfang 1953 die Schützenbrüder zu ihrer ersten Nachkriegsversammlung aufzurufen, die am 22.04. 1953 im Hessischen Hof stattfand. So wird noch am selben Abend der neue Vorstand gewählt, der sich folgendermaßen zusammensetzte: 1. Vorsitzender Georg Burkert, Schriftführer Willii Ruppert, Kassierer Fritz Brede, Schießwart Fritz Krug, Waffenwart Willi Panse. In den darauffolgenden Jahren wurden erste Verhandlungen mit der damaligen Stadtverwaltung über einen neuen Anfang in dem inzwischen still gelegten Steinbruch am Lamsberg geführt. Die Stadtverwaltung war nicht sonderlich von unserem Ansinnen erbaut, denn die Verhandlungen gestalteten sich schwierig. Erst als der Schießstandsachversändige, Schützenbruder Sekus, eine Ortsbesichtigung vornahm, der das Gelände geradezu als ideal bezeichnete und auch der Schützenverband und jede Unterstützung zusicherte, willigten die Gudensberger Stadtväter ein. Nicht zuletzt um einen immer noch zur Diskussion stehenden Wiederaufbau in der Lehmkaute aus dem Wege zu gehen. Ein Pachtvertrag auf 50 Jahre wurde abgeschlossen. Nun beginnt eine harte und arbeitsreiche Zeit für unsere Gudensberger Schützen. Die verwahrlosten Gebäude, für die an die Abbruchfirma erst einmal 500.- DM gezahlt werden mussten, damit sie nicht gänzlich niedergerissen wurden, veränderten von Tag zu Tag und von Woche zu Woche ihr Gesicht. Da wurde gemauert und gehämmert, denn es ging darum, wieder einen eigenen Stand zu haben. So entstand eine ganz neue Kleinkaliberhalle, die Scheibenzuganlagen wurden auf elektrischen Betrieb umgestellt, aber die Versorgung mit Strom stellte noch ein großes Problem dar, denn es war weder eine Lichtleitung noch ein Wasseranschluss vorhanden. Und so wurden dann, nachdem man zu Anfang die Festhalle mit mächtigen Petroleumlampen erhellt hatte, beschlossen, ein Stromaggregat anzuschaffen. Alle diese Arbeiten wurden in Eigenhilfe geleistet und zu einem großen Teil durch Spenden der Mitglieder finanziert. Im Übrigen bediente man sich wieder der schon einmal bewährten Methode, nämlich der Zeichnung von Bausteinen, welche später durch Verlosung wieder ausgezahlt wurden. Es ist verständlich, dass lange Zeit verging, bis wieder an einen geordneten Schießbetrieb zu denken war. In der Zwischenzeit übten die Schützen fleißig in einer Bauhalle des 1. Vorsitzenden Georg Burkert. Diese war behelfsmäßig für den Schießbetrieb hergerichtet worden und wurde auch der Schauplatz für das erste Königsschießen nach dem Krieg. Schützenkönig wurde Richard Löter. Im Anschluss an das Königsschießen wurde am Sonntagnachmittag ein Preisschießen mit dem Luftgewehr im Hessischen Hof veranstaltet, bei dem ebenfalls gute Ergebnisse geschossen wurden. 1958 stellte der Vorsitzende Georg Burkert sein Amt zur Verfügung, da der im 73. Lebensjahr stehende diese Tätigkeit einem jüngeren überlassen wollte. Die Versammlung stand jedoch geschlossen hinter ihrem seitherigen Vorsitzenden und bat ihn, weiterhin die Geschicke des Vereins in die Hand zu nehmen. Schützenbruder Burkert dankte für das Vertrauen und nahm die Wahl an. 2. Vorsitzender wurde Fritz Hartmann, Schriftführer Franz Weinmann, Kassierer Willi Ruppert, Schießwart Fritz Krug, und Daniel Möbus, Waffenwart Willi Panse. Im Herbst 1960 konnten die Gudensberger Schützen am Lamsberg das Richtfest für den neuen Schießstand begehen, mit dessen Bau erst vor einigen Monaten begonnen wurde. Nach Fertigstellung der idealen Anlage können hier bis zu zehn Schützen auf 50- bzw. 100 Meter-Stände ihr Können im Kleinkaliberschießen erproben. Unter den Gästen der Richtfeier konnte der erste Vorsitzende Georg Burkert auch Bürgermeister Adam Umbach, den Magistrat und Mitglieder des Stadtparlaments begrüßen. Burkert ging auf die Pläne der Schützengilde ein und schilderte die zahlreichen Verhandlungen, die notwendig waren, um den Gudensberger Schützen wieder zu einem Schießstand zu verhelfen , nachdem man den alten Stand, der vor Jahrzehnten mit großer Mühe und hohen Kosten errichtet worden war, nicht mehr benutzen konnte. Beim Richtschmaus im Hessischen Hof hob der 2. Vorsitzende, Fritz Hartmann, die großen Verdienste Georg Burkerts hervor, der sich noch mit über siebzig Jahren, für die Belange des Schießsports einsetzte und dem der Schützenverein in Gudensberg viel zu verdanken habe. In diesem Jahr konnte der Schützenkönig Horst Steinmetz im neuen Schützenhaus am Lamsberg gefeiert werden. Noch musste man auf alten wackligen Gartenmöbeln sitzen, auch der Festsaal machte noch einen etwas ärmlichen Eindruck, aber in dem fröhlichen und ausgelassenen Treiben der Feiernden, mag der aufmerksame Beobachter wohl doch die Freude und den Stolz über die geleistet Arbeit und das Erreichen der gesetzten Ziele erkannt haben. In Lohne wurde zum zweiten Mal ein Vergleichsschießen der Schützenvereine: Fritzlar, Wabern, Lohne und Gudensberg ausgetragen, bei dem es um einen Wanderpreis geht, den am Ende der Verein bekommt, der ihn dreimal hintereinander oder insgesamt viermal erwirbt. In diesem Jahr bewiesen die Gudensberger Aktiven ein schärferes Auge und eine ruhigere Hand und verdrängten den Vorjahres-Sieger, Fritzlarer Schützengilde auf Platz zwei. 1960 werden Wabern und Gudensberg auch Kreismeister im KK Schießen, dass in Gudensberg auf der neuen Standanlage abgehalten wird. 19 Mannschaften und 14 Einzelschützen wetteifern von 8 bis 17 Uhr auf sechs modernen Ständen mit Scheibenzuganlage um die besten Ringergebnisse.
1976 stürzte sich der Verein erneut in Unkosten, denn unsere Luftgewehrstände waren nicht mehr ausreichend und zudem machte die gesamte Anlage einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Es wurde der Entschluss gefasst, den alten Stand abzureißen und ein neues Gebäude zu errichten, welches die gesamte Breite der Festhalle haben sollte und somit Platz für zehn Luftgewehrstände. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 68000,- DM, das bedeutete, dass unsere Schützen auf’s neue mit Schaufel und Kelle arbeiten mussten, denn der Verein war natürlich finanziell nicht in der Lage, diese Summe voll aufzubringen. Im Übrigen wurde auch diesmal wieder durch eine Mehrheitsabstimmung bei der Jahreshauptversammlung, einer Baustein-Zeichnung zugestimmt. Die reinen Material und Fremdkosten beliefen sich schließlich auf 33188,44,- DM, die der Verein bis auf 12235,21,- DM „welche noch als Schuldenlast zu gelten haben“, abdecken konnte.
Dies war ein Auszug aus 350 Jahren Schützenverein Gudensberg, der 1977 zur Jubiläumsfeier des Vereines ausgeführt wurde.
Schützenkönig im Jahr 1960 wurde Franz Otto Panse und zur Überraschung der anwesenden Gäste bei der Königsfeier, stellte sich heraus, dass die Ehefrau des Vorgenannten den besten Schuss auf die Königsscheibe abgegeben hatte. Leider wurde Schützenbruder Franz Otto Panse schon ein dreiviertel Jahr später durch ein grausames Geschick aus unseren Reihen gerissen. Er verstarb am 18.10.1961 in der Blüte seines Lebens an spinaler Kinderlähmung. Der alte Recke des Gudensberger Schützenvereine, Georg Burkert, feierte am 19.10.1960 seinen 75 Geburtstag. An diesem Freudentag nahmen nicht nur die Bürger Gudensberg, sondern auch Vertreter der Öffentlichkeit aus dem Kreisgebiet Anteil. Unser Schießstand erhielt an seinem 75 Geburtstag – ihm zu Ehren – den Namen Georg Burkert Halle. Zu einem beachtlichen Erfolg für den leistungsstarken Schützenverein Gudensberg, aber auch zu einem schönen Erfolg für die Schützen aus Homberg gestalteten sich die Kreismeisterschaften im Luftgewehrschießen, die im April 1961 in Gudensberg ausgetragen wurden. Allein sieben von 15 Titeln holten sich die Gudensberger Aktiven. Sechs Titel, darunter die Mannschafts und Einzelwertung im Luftpistole schießen, die Mitglieder des Homberger Schützenvereins. Die früher dominierenden Vereine, Fritzlar und Wabern mussten sich mit den Plätzen begnügen.